Deutschlehrer – eine neue Erfahrung / German teacher – a new experience

Ein neues Jahr bringt immer neue Chancen mit sich… oder so ähnlich sagt man doch. Das zeigte sich bei mir wortwörtlich in den ersten zwei Jahreswochen. Kurz nach Sylvester bekommt meine Schwester eine Nachricht an alle Eltern der Schule der Kinder, sie suche einen Deutschlehrer, gerne auch Muttersprachler und Nicht-Georgier. Mehr aus Witz als aus Ernst, sagt sie mir ich solle mich dort mal melden. Mehr aus Witz als aus Ernst schreibe ich halt tatsächlich und schicke meinen Lebenslauf und ein Anschreiben.

Eine Woche später, am Donnerstag, sitze ich dort zum Interview. Ich rede mit HR, einem Schulkoordinator und der Rektorin. Das ist eine Vollzeitstelle, 28 Schulstunden in der Woche, für den gesamten internationalen Sektor, von Klasse 4 bis 12. Ich soll doch am Montag anfangen.

Auch wenn ich den Verlust meiner „Freizeit“ vermissen werde, ist das trotz des Arbeitsaufwandes und dem Neuland als Quereinsteiger einfach nichts das man auschlagen kann. Die neuen Kontakte, die neue Erfahrung, die Möglichkeit Wissen an andere weiterzugeben, weiterhin in Georgien anzukommen und Teil davon zu werden… es gab keinen Grund es NICHT zu tun.

Jetzt sind knapp 2 Monate rum und ich erfreue mich endlich an meinen ersten Ferien! Die Zeit möchte ich nutzen einfach ein wenig über meine bisherigen Erfahrungen zu reden und sie zu teilen.

Die Schule / The school

Die Schule ist ein schönes Neubaugebäude das erst seit wenigen Jahren in Betrieb ist. Sie liegt von unser leider etwa 35 Minuten Fußweg entfernt, mit einem Weg quer durch die Stadt Richtung Berge aber im Regenwetter gibt es einen persönlichen Fahrdienst. Sie bietet Platz für Vor- und Grundschule und geht dann hoch bis zu Klasse 12. Die Klassenzimmer sind von „normal“ groß bis zu winzig, wie das der momentan 11. Klasse, welche sage und schreibe nur zu 5. sind (mehr passen da aber auch nicht rein… xD). Hinter dem U-förmigen Schulgebäude und dem Innenhof liegt auch noch die Sporthalle. Ein kleiner Spielplatz rundet das Gelände ab. Es gibt eine Kantine mit warmen Speisen und eine kleine Cafeteria wo man ein paar süße Stückchen oder Chachapuri bekommt, sowie gekühlte Getränke.

Das Lehrerzimmer liegt auf dem 4. Stock. Zum Glück gibt es einen Aufzug, nur für Lehrer natürlich. Eigentlich laufe ich gern, aber in mitten der vielen neuen Leute hat mich natürlich auch eine Erkältung geholt und da war ich schon froh mich wenigstens etwas schohnen zu können.

Ankommen als Lehrer / Arrival as teacher

Dieser Teil ist wohl der spannendste, denn wer glaubt ich hätte eine Art Einführung oder Gewöhnungsphase bekommen irrt sich. On-boarding ist nicht Teil meiner Erfahrung gewesen. xD

Es ging gleich ins kalte Wasser. Da war in erster Linie wohl auch die Aufsicht der Kinder wichtig, weniger das ich weiß was ich eigentlich unterrichten soll. Zum Glück wusste ich meinen Stundenplan und hatte sofort Zugriff auf das interne System „Edupage“. Die Aufsicht auf dem Gang hat mich immer zum richtigen Klassenzimmer geführt (auf Nachfrage, natürlich).

Ich habe also erst nach mehrer Tagen und Wochen (!!!) gelernt (auf Eigeninitiative!):
– welche Bücher die Klassen haben und auf welchem Stand sie sind
– welche Art von Benotung für welche Klasse gefordert ist
– wie man diese Benotung und Kommentare in Edupage eingibt
– wie man die Abwesenheit der Schüler dokumentiert
– was für Ansprüche an den Wissenstand der Kinder gestellt werden um diese ins nächste Jahr zu bringen bzw ihren Abschluss der Schule zu gewährleisten (keine, übrigens, zumindest für Deutsch)
– was es eben so alles an der Schule gibt, welche Pausenzeiten gelten, wer wann in die Kantine darf, wer für den Drucker zuständig ist wenn er nicht mehr geht, und so weiter und so fort…

Meine Kollegen sind alle super nett und hilfsbereit! Ich will mich da gar nicht beschweren… aber eine Art organisierte Einführung wäre einfach doch hilfreich gewesen. Selbst ein erfahrener Lehrer würde dankbar darüber sein, einmal durchs Schulgebäude geführt zu werden, wichtigen Personen vorgestellt zu werden und über Regeln und andere Notwendigkeiten informiert zu werden…

Meine Arbeit / My work

Ich habe herausgefunden das ich sehr große Freiheit genieße meinen Unterricht und das Lehrmaterial so zu gestalten und zu wählen wie es passt. Die Schule hat zwar ein Deutsches Lehr- und Arbeitsbuch für die Level A1, A2, B1 und B2, aber da im internationalen Sektor die Klassen sehr „aufgewühlt sind“, sind die Klassen und Schüler alle auf unterschiedlichen Niveaus. So mache ich gerade mit Klasse 5, 6, 8 und 11 jeweils das selbe Kapitel von A2.1. Klassen 7, 9 und 10 sind ebenfalls am selben Fleck in Buch A1.2. Das ist natürlich in sofern schön, als das ich nur einmal Unterricht für mehrere Klassen vorbereiten muss. Andererseits zeugt es halt auch von noch den Anfängen dieser Schule und dem Verrückten kommen und gehen der Schüler in all den Klassen, so das noch kein solider Lehrplan für Deutsch existiert, wo einfach fest ein Buch pro Jahr durchgearbeitet wird. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. 😉

Wie gesagt habe ich 28 Schulstunden in der Woche. Das mag nicht viel erscheinen, aber ich bin noch so im Schnitt mindestens 1 Stunde pro Schulstunde am vorbereiten… und damit gerade unter der Woche von 9 morgens bis mindestens 7 oder 8 abends beschäftigt mit Schule. Das wird sich bessern sobald ich mal ein Repertoire an Inhalt habe das ich dann immer wieder verwenden kann. Wie gesagt, ein Einführungsjahr mit nur der Hälfte an Unterricht wäre schon super gewesen, aber … naja, so ist es nun. Immerhin muss ich nichts mehr im Haushalt tun. xD Dafür kaufe ich uns immer gutes Brot vom Bäcker auf dem Heimweg (und gerne auch andere Kleinigkeiten).

Ich werde natürlich auch bezahlt für meine Arbeit. Der „Stundenlohn“ ist gering im Vergleich zu DE, aber für georgische Verhältnisse bin ich sogar sehr gut bezahlt. Das liegt mitunter an meiner hohen Stundenanzahl. Andere Lehrer haben nur die Hälfte dessen und behelfen sich dann zusätzlich als Online-Lehrer um das Gehalt aufzubessern.

Fazit

Die Schule hat unglaublich viel Potential. Sie macht viele Aktionen und hat ständig etwas am Laufen das sie in den Sozialen Netzwerken teilt, wie die Muttertagsaktion, das 21. Jährige Jubiläum der Schule (als Business, es gibt sie in 3 Städten (Kutaisi, Tbilisi, Batumi)), mehrere Veranstaltungen und Messen woran sie teilnimmt bzw sogar hosted, und mehr. Wie alle Schulen hat sie mit der aktuellen Generation Schüler zu kämpfen, die ihre Noten gerne geschenkt bekommen sehen würde, bzw Schülern die nur auf kurze Zeit hier sind, sowie den fehlenden Standards im Lehrplan und mit dem aktuellen Wissenstand der gegebenen Lehrer (die ja auch „nur“ aus dem eigenen Bildungssystem kommen).

Wenn sie jetzt nur ein klein wenig mehr auf die Qualität der Inhalte achten würde und den Schülern und Eltern zu vermitteln mag das man für einen Abschluss auch etwas leisten muss… aber womöglich bin ich dafür noch nicht lange genug Lehrer. 😉 Ich bin sehr gespannt wie sich die Schule entwickelt, wie die Kinder sich in ihrer Schullaufbahn entwickeln und wie ich mit dem ganzen in ein paar Jahren umgehen werde. Es macht mir sehr viel Spaß den Unterricht vorzubereiten, ich wünschte nur ich hätte ein wenig mehr Zeit dafür. xD Die Kinder sind faszinierend zu beobachten, es gibt alles von begeistert, lernfähig, unmotiviert und sogar verweigernd. Noch sind meine Unterrichte unvorhersehbar, manchmal klappen sie prima, manchmal weiß ich nicht was ich tun soll wenn einfach KEINER in der Lage ist aufzupassen… aber so langsam kriege ich den Dreh raus und es wird besser und besser!

So soll es bitte weitergehen! 😀 Ich melde mich dann in den Sommerferien wieder! 😉

Veröffentlicht von Windmaedchen

Pro Freelancer, 2D artist, animator and graphic designer.

2 Kommentare zu „Deutschlehrer – eine neue Erfahrung / German teacher – a new experience

  1. Liebe Jannie,

    das ist ja eine nette Entwicklung, die sich ergeben hat. Völlig anders als irgendwie mit deinen bisherigen Berufserfahrungen. Ich wünsche dir alles gute für die weitere spannende Zeit. Grüße aus dem Kaisestuhl Tamara 🙋‍♀️

    Like

    1. Liebe Tamama,
      so ist es! Bei mir kommt es immer anders als gedacht. Das war schon gut (und manchmal auch ein wenig nicht so gut) in meinem Leben und dieses mal ist es nicht anders. Spannend, fordernd, ziemlich cool. Ich freue mich. Beschäftigt sein ist halt schon irgendwie durchaus erfüllend. Das wünsche ich jedem. 🙂
      Danke für die lieben Grüße! Die erwidere ich mit welchen aus dem schönen Batumi. ❤

      Like

Hinterlasse einen Kommentar

Erstelle eine Website wie diese mit WordPress.com
Jetzt starten