Einmal Kakheti und Zurück

Etwas verspätet, aber dennoch fast zum einjährigen Jubiläum meiner Tour nach Georgien, folge ich nun endlich mit einer kleineren Inlandstour! Hier also ein klitzekleiner Bericht mit ein paar Bilderchen. 😁🖼️🖼️🖼️

Die Idee war zwei Dinge zu vereinen: mein Wunsch mir mal die Weingegend „Kakheti“ anzuschauen, sowie das abgelegende Davit Gareja Kloster zu besuchen UND natürlich die Brixton vor Jahresende richtig zu bewegen und auszupowern. Georgien ist nicht so groß, also habe ich am anderen Ende des Landes ein Zimmer gebucht und den Zwischenstop bei Freunden eingeplant. Mehr gab es nicht zu tun und so sattelt man auf und reitet los!

Definitionen
Autobahn (max. 110 kmh) – 2-spurig in jede Richtung, Seitenstreifen, Leitplanke, erhöhter grüner Mittelstreifen mit Lampen. Kühe finden das Graß auf dem Mittelstreifen klasse!
Schnellstraße (max. 90 kmh) – 1-spurig, breit, mit Seitenstreifen und Leitplanken außen. Kühe chillen am Fahrbahnrand.
Landstraße (max. 90 kmh) – 1-spurig, breit, Fahrbahn ist markiert bricht dann aber einfach ab zu Schotter, der in Breite variiert, von kleinstem Gehweg zu LKW Parkplatz. Danach Graß, Gebüsch und Bäume. Kühe haben Vorfahrt, lassen dich aber vorbei wenn sie als Gruppe auf der Straße stehen.

FREITAG (243 km)

Die Sonne lacht! Ich hole auf dem Weg in Chakvi noch ein Ladekabel für besagte Freunde ab und fahre los. Ich habe die Hauptverbindungsstraße gewählt, weil ich sie noch nicht kenne und diese so oder so auch noch lang genug dauert. Aller Güterverkehr nimmt diese Strecke! Von Batumi nach Kobuleti ist angenehme Schnellstraße, dann folgt ein Ministück Autobahn, danach geht es auf die alte Landstraße. Zum Glück sind die Straßen SO BREIT angelegt, das trotz der zwei Fahrspuren tatsächlich 4 Autos bequem nebeneinander fahren können (das wird selbstredend auch so genutzt 🙄 ).

Hier sind noch Ortschaften und entsprechend viel Leben an der Straße. Viele kleine Cafes, Tankstellen und Verkaufstände (Leitern, Besen und Fisch) sind am Schotter platziert. Wenn es durch die Ortschaften geht ist die Geschwindig auf 60 kmh begrenzt. Das wird zwar gerne ignoriert aber es reduziert die Durchschnittsgeschwindigtkeit. Erst nach Samtredia wird es besser. Es ist eine Autobahnverbindung zwischen West und Ost in Planung und ab dort ist sie teilweise auch schon fertig gestellt. Nach Samtredia geht es also an Kutaisi vorbei bis nach Zestafoni über die Autobahn. Es ist nichts los! Also wirklich gar nichts, ich bin fast immer alleine! Die paar Kühe auf der Straße zählen ja nicht.

Im Süden liegt der kleine Kaukasus und man sieht schön die steilen Hänge hoch. Im Norden ist der große Kaukasus, aber das Gebirge ist weiter weg und die Sicht nicht so gut. Man kann die Gipfel nur erahnen.

Nach Zestafoni beginnt eine Kurvenstrecke durch ein kleines Stück Kaukaus, das West und Ost des Landes klimatechnisch voneinander trennt. Die Luft wird trockener, die Tage wohl etwas heißer und die Nächte kühler. Es ist natürlich immer noch warm, aber ich mache die Jacke schon richtig zu ab jetzt. Auf diesem Abschnitt ist mehr los, ich weiß gar nicht wo die alle plötzlich herkamen? Es geht im Slalom nicht nur an steilen Waldhängen vorbei, sondern auch neben, über und unter der Autobahnstrecke-im-Bau vorbei. Die Tunnel sind schon fertig, aber es müssen noch die Schluchten überbrückt werden. Es wird fleißig gearbeitet an jedem Meter der Strecke, ich bin voll baff! Das dauert sicher keine 2 Jahre mehr und dann ist das fertig! Hier sind am Straßenrand wieder Stände aufgebaut, die auf Töpferware spezialisiert sind.

Ich bin jetzt 243 km und 5 Stunden unterwegs. Direkt nach dem Slalom fahre ich bei Khashuri raus und zu Freunden. Diese wohnen in der georgischen Pampa, haben aber eine tolle Aussicht auf die Hügel aus denen ich gerade herkam! Hinter ihnen liegt der erste Berghang hoch zum kleinen Kaukasus. Der Fluss wird über eine faszinierende Hängebrücke überquert (welche von besagten Freunden sogar offiziel beleuchtet wurde!) Mein Moped passt wunderbar drüber, Autos müssen schon zentimeter-genau aufpassen!

Die Nacht ist kühl aber angenehm. Wir gehen essen und ich genieße einen echt leckeren Rote-Beete-Salat. 💕

SAMSTAG (240 km)

Ich stehe gemütlich auf, frühstücke und mache mich dann wieder über die coole Brücke auf den Weg. Durch Khashuri durch und wieder auf die Autobahn. Bis nach Tbilisi ist die Strecke jetzt ausgebaut. Es ist etwas mehr los (also so ungefähr immer ein Fahrzeug vor und hinter mir in Sicht) aber das Wetter ist gut und ich komme gut vorran. Während an den Landstraßen alle 5 km eine Tankstelle kommt, ist an der Autobahn nichts zu finden. Es gibt je Fahrtrichtung nur 2 große, neue Rastanlagen, mit richtigem Parkplatz, Tankstelle, Wendy’s Fast Food und kleiner Einkaufsmeile. Immerhin aber es fühlt sich einfach seltsam an 15 Minuten fahren zu müssen ohne das da eine Ausfahrt kommt… 😅


An Tbilisi will ich vorbei, also nehme ich die Transitroute drumherum. Die klassische Georgische breite Landstraße führt an einem riesigen Müllberg vorbei (der ist in Betrieb) und dann in die grünen Hügel des Umlandes. Es ist schön idyllisch (und einsam) bis ich wieder auf die Landstraße Richtung Sighnaghi wechseln muss.

Ab Sagarejo wird es wirklich ländlich, mit Weinstücken links und rechts und unzähligen Schildern die zu Kirchen, irgendwelchen Ruinen und Familienweinkellern führen. Die Stände am Straßenrand verkaufen nun riesige Wassermelonen! Die Straße ist gut befahren und ich werde regelmäßig überholt. Ich weiß das es Leute gibt die ihre Rückspiegel einfach abmachen… das wäre hier ein Unfallrezept. Man muss hier zu jeder Zeit wissen was VOR und HINTER einem passiert, damit man entsprechend reagieren kann. Dumm wenn man zum überholen ausschehrt und von hinten schon einer kommt. Auch dumm wenn man etwas ausweichen möchte und man wird mit nur einem Meter Abstand noch auf seiner eigenen Spur überholt. Deutsche Ordnung gibt es hier nicht. 😩

Viele Motorradfahrer übrigens auch nicht. Bei dem Wetter wäre ich in Deutschland ununterbrochen am Grüßen gewesen. Hier habe ich kaum mehr als 10 Biker gesehen. Ich glaube das Straßennetzwerk bietet sich nicht an um „Runden“ zu fahren und diejenigen die zum Spaß ein Motorrad haben sind wohlhabendere Städter, und die müssen erstmal mind. 30 Minuten einrechnen bis sie aus der Stadt überhaupt raus sind.

Man sieht auf der Karte das Sighnaghi an der Spitze eines dunkelgrünen Dreiecks liegt. Das sind hohe und mitunter sehr steile, bewaldete (unbeforstete) Hügel. Die Strecke hinauf wird eine immer kleinere Landstraße, dann durch kleine Ortschaften durch und endlich nach kleinen Serpentinen ist man in Sighnaghi. Das Örtchen ist sehr mediterran, mit Zypressen, gepflasterten Straßen, flachen Ziegeldächern, Burgmauern und eine fantastische Sicht auf die Talebenen. Anscheinend ist sie die Stadt der Liebe, mit einem eigens dafür errichteten Haus der Vermählung. Auf den Hügeln sieht man noch Überreste einer „Georgischen Mauer“. Die Stadt sowie die Klosterkirche in Bodbe sind extrem gut von Touristen besucht. Die Fahren mit ihren Reisebussen doch echt diese winzige Straße hoch! (Naja, so klein kann sie ja dann nicht sein…)

SONNTAG (212 km)

Es hat geregnet. Aber schon nach kurzer Zeit sind die Straßen wieder trocken und die Sonne kommt raus. Nach einem kurzen Abstecher bei der Bodbe Klosterkirche, fahre ich die Landstraße wieder zurück nach Sagarejo, um dann dort Richtung Davit Gareja abzubiegen. Insgesamt fahre ich knapp 100 km in jede Richtung. Auf der Karte sieht man das es flach durchs Tal in die sand-farbene Region geht. Das sind ebenfalls Hügel, allerdings trocken, kaum Bäume und Büsche, viel Graß. Die Straße ist klein, aber extrem gut und ich bin (fast) alleine! Es gibt hier nur eine Ortschaft, und eigentlich ist es eine 35 km lange Sackgasse. Die schönste Sackgasse die ich befahren habe! xD Man kommt ganz nah an der Grenze zu Azerbaijan vorbei. Ich habe nur einfache Wachtürme gesehen, scheint als ob der leichte Bergkamm hier genug Trennung bietet.

Davit Gareja war ein sehr wichtiger Mönch im 6. Jahrhundert weil er das Christentum in der östlichen Region Georgiens gefestigt hat und wird als Nationalheiliger verehrt. Es gibt ein paar Zellen die in den Stein geschlagen sind, und gemauerte Erweiterungen die ein paar Jahrhunderte später dazu kamen. Seit den 90-ern kümmert sich die Kirche wieder um dieses sehr abgelegene Kloster und hat es für Touristen geöffnet (daher die extrem gute Anfahrtsstraße!). Ein atemberaubendes Highlight sind natürlich die Regenbogenhügel direkt vor der Nase des Klosters!

Auf dem Rückweg halte ich noch an einer alten Burgruine an. Die meterdicke Außenmauer ist komplett erhalten, innendrin ist nichts außer Graß. Extrem schade das die Georgier keine Schilder anbringen, ich weiß daher nicht wann das gebaut wurde, warum und für wen und was es eigentlich mal sein sollte. Aber cool sah es definitiv aus!

Zum Thema Wein: der Großteil der Ernte ist schon vorbei, dennoch sieht man noch hier und da Leute in den Reben. Das ist nichts im Vergleich zu dem was ich vom Kaiserstuhl kenne. 😲 Die Georgier fahren mit einem Sprinter her, sammeln die Trauben in irgendwelchen Behältern oder festen Mülltüten ein und fahren diese im Spinter auf den Familienhof. Ich habe auch Trauben in einem kleinen Laster gesehen. Nichts mit Lebensmittelechten Eimern, Bottichen oder spezielle Trauben-Transportern… 🤣 Die Reben wachsen auch wie sie wollen, die Ruten werden einfach mit der Schnur am Draht festgebunden und alles andere wird rausgerissen. Das die hier jemals mit einem modernen Laubschneider durchfahren oder Laufdrähte anpassen müssen bezweifle ich.

Letzte Aufregung des Tages: auf dem letzten Meter der großen Landstraße verrutscht meine Tasche und landet auf dem Auspuffrohr. Ich verliere durch das eingebrannte Loch meinen Ersatzbremshebel, der klirrend auf der Straße landet. Daran merke ich das etwas nicht stimmt und halte auf dem Schotter am Straßenrand an. Abgesehen vom Loch in der Tasche sind mir nur zwei Snacks halb weggeschmolzen. Das kann ich verkraften. 😏 Ich habe sogar Glück und kann den nun etwas ramponierten Bremshebel wieder einsammeln!

MONTAG (245 km)

Ich trete die Heimreise an. Das Wetter ist auch diesmal nach einer regnerischen Nacht wieder sonnig und warm. Auch wenn ich die Strecke schon gefahren bin, jetzt geht es in die andere Richtung und die Aussicht ändert sich nochmal. Diesmal erhasche ich einen besseren Blick auf den nördlichen Teil der Hauptstadt als ich von der Umgehungsstraße komme. Man sieht es nicht gut auf der Karte, aber ungefähr dort wo das „b“ in Tbilisi steht geht die Autobahn durch ein Tal zwischen den Hügeln rund um die Hauptstadt. Dort ist ein kleiner Ort, der fast untypisch für Georgier sehr schön hergerichtet ist, als würde man sich plötzlich um das eigene Erscheinungsbild nach Deutschem Standard kümmern. Georgische Freunde betrachten Mtskheta als das eigentliche Jerusalem weil die georgische Kirche den Ort als „Heilige Stadt“ anerkennt. Meine Freunde haben mir dort ein Cafe empfohlen und ich habe Zeit, also halte ich dort an. Von dort sieht man auch schön den steilen Hügel hinauf der auf der anderen Seite des Flusses (und der Autobahn) liegt, mit einem imposanten Kloster auf dessen Spitze.

Die Autobahn ist natürlich langweilig, aber ich freue mich über meine frühe Ankunft und belohne mein Moped mit einer kleinen aber liebevollen Handwäsche.

DIENSTAG (243 km)

Nach einem super gemütlichen Morgen mache ich mich dann endlich auf den Weg. Es geht nochmal über die coole Brücke und rein ins Gebirge. Ich gebe zu das sich in den zwei Tagen meiner Abwesenheit nicht allzu viel sichtbar an der neuen Autobahn getan hat, aber es wurde weiterhin fleißig gearbeitet. Es war wenig los und ich habe kurz vor Zestafoni in einem Restaurant kurze Pause gemacht. Es gab einen großen Schotterparkplatz und viele Tische im Grünen, es muss definitiv ein beliebter Anfahrort sein. Auf jeden Fall eine Überraschung und eine Pause wert wenn man auf der Strecke unterwegs ist! Kaum kommt man aus dem Gebirge raus, merkt man die feuchte und warme Luft. Ich kann die Jacke gar nicht genug aufmachen! 🫠

In Samtredia halte ich nochmal an um ein letzes mal zu tanken. Ich halte außerdem nochmal an um meine 10.000km zu dokumentieren! 🥳

Die restliche Strecke bin ich schon öfters gefahren, gerade die Schnellstraße von Batumi Richtung Kobuleti. Es ist wirklich nicht viel los und ich komme super gut und schnell nach Batumi rein. Nicht einmal stockender Verkehr vor meiner Haustür!

Damit endet meine kleine Tour nach 1180 km eigentlich echt angenehm, rechtzeitig zum Abendessen und gemütlichen Ausklang, zu Hause. 🥰

Veröffentlicht von Windmaedchen

Pro Freelancer, 2D artist, animator and graphic designer.

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